Drei Männer machen sich auf einen 1.876 Kilometer langen Weg. Zwei von ihnen sind Psychologen, einer ist Junggeselle. Was sie eint, ist die Suche nach Wahrheit und Skeptizismus, und der Wunsch, zwei Tage auf einer Konferenz in Wien zu verbringen. Was sich anhört, wie das Skript für wahlweise ein neues Hollywood-Melodrama oder ein ebenfalls amerikanisches Comedy-Roadmovie, sind in Wirklichkeit die Rahmendaten meines Ausflugs zur XXI. GWUP-Konferenz in Wien vom 02. bis 04. Juni.
Der unhandliche Name GWUP ist dabei die Abkürzung für die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften, die deutsche Sektion der weltweiten Skeptikerbewegung. Sie hat es sich zum Ziel gemacht hat, unseriöse Methoden in Medizin und Technik sowie parawissenschaftliche Behauptungen zu überprüfen und – so möglich – aus der Welt zu schaffen. Dabei ist die GWUP, vor allem ein Verein, in dem Naturwissenschaftler und Ärzte organisiert sind, aber eben nicht nur. Jeder, der Spaß am kritischen Denken hat, ist hier gut aufgehoben. Und wie bei jedem ordentlichen deutschen Verein ruft einmal im Jahr das Horn des Vorsitzenden zur großen Mitgliederversammlung, diesmal in die österreichische Landeshauptstadt Wien. Und so begab ich mich gemeinsam mit dem Podcast-Betreiber Alexander Hoaxilla und dem Skeptikerurgestein Peter OinDO (passender: Peter „Erkenntnisman“) auf die weite Reise.
Das Programm versprach viel Interessantes: Vorträge über die vermeintlichen Gefahren des Handytelefonierens, zur Unsinnigkeit der Alternativmedizin, aber auch zum aktuellen Stand der Parapsychologie lockten den kritischen Skeptiker ins Sagen umwobene Alpenländle.
Die genauen Inhalte der einzelnen Vorträge werden an anderer Stelle ausführlicher und, wie ich denke, auch besser reflektiert. Ich kann nur sagen, die Mehrheit der Vorträge, denen ich lauschen durfte, hat mich überzeugt, gefiel mir und hat manch neuen Wissensimpuls gegeben. Dabei fiel leider eine Präsentation völlig aus dem Rahmen und genügte nicht den hohen Ansprüchen. Doch auch dieser Vortrag hatte etwas Gutes – entzog ich mich ihm doch durch konsequentes Verlassen des Vortragsraumes und Verbleiben im Foyer, in dem ich dann den spannenden Zaubertricks des Kollegen Hund folgen durfte.
Für mich persönlich stand ohnehin der kollegiale Austausch und das Kennenlernen anderer Vereinsmitglieder im Vordergrund, wobei ich jedoch neid- und kampflos den Titel des „Mr. Networking“ an meinen Mitfahrer Alexander abtreten musste, der es auf sehr angenehme und doch effektive Art verstand, viele Gesprächspartner für den Podcast Hoaxilla zu gewinnen. Besonders gesellig wurde es am Abend des Tags der Mitgliederversammlung, an dem ich die Bedeutung des Begriffes „Heurigen“ erlernen durfte. Aber damit nicht genug Kollegialität.
Direkt nach dem Abend in geselliger Runde trafen Alexander und ich vor unserem Ho(s)tel eine muntere Mischung aus Gelsenkirchener Hooligans (nach eigenen Angaben Kategorie B) und einem Junggesellinnenabschied aus Stuttgart (deren Teilnehmerinnen sich nicht oder nicht mehr kannten). Irgendwie wurden wir hier in ein Gespräch verwickelt, das darin endete, dass wir mit einem Hooligan und einer 43jährigen Dame, die sowohl Details ihres Sexual- als auch generellen Lebensweges ausbreitete, versackten und bis 02.00 Uhr diskutierten.
Aber auch der Wiener Schmäh blieb uns nicht erspart. Denn am nächsten Tag (Samstag) wartete auf mich ein Dreh für Spiegel-TV zum Thema Verschwörungstheorien. In der Mittagspause gingen Peter, ich und die Spiegel-TV-Redakteurin gemeinsam auf den Naschl-Markt essen. Nichts Böses ahnend begaben wir uns dabei in die Schnitzelhölle der Dienstleistungskultur. Kaum saßen wir knappe zehn Minuten an unserem Tisch fragten wir einen Ober, ob wir etwas bestellen dürften, der daraufhin in knackigem Wiener Militärton fragte: „Wer ist Ihr Kellner?“ Als wir stammelten, dass wir uns hier doch nur hingesetzt hätten und dies nicht wüssten, knallte er uns die nächste Frage um die Ohren, die wir nicht zu seiner Zufriedenheit beantworten konnten: „Wer hat Ihnen die Karten gegeben?“ Als wir eingestanden, dass diese bereits am Tisch gelegen hätten, dauerte es noch weitere fünf Minuten, bis eine sichtlich überforderte Kellnerin, die jedoch Zeit fand, in Sichtweite außerhalb des Cafes immer wieder eine Zigarette zu verköstigen, zu uns kam und unsere Bestellungen aufnahm.
Nach dreissig weiteren Minuten erlaubten wir uns, zu fragen, wann denn das Essen käme, zumal wir es recht eilig hätten. Auch hier knallhart und eindeutig die Antwort und Einschätzung der Kellnerin: „Ja, Sie sind ja auch schon selber schuld, wenn Sie mittags essen gehen, wo alle in die Gegend strömen, also eigentlich macht man so was ja nicht!“. Trotzdem gelang es ihr, innerhalb der nächsten 15 Minuten, unsere Mahlzeiten zu organisieren. Doch als wir zuletzt um die Rechnung baten, fragte sie automatisch „zusammen oder getrennt?“ und wir antworteten – leichtsinnigerweise – „getrennt“. Auch dafür durften wir uns einen Rüffel abholen und nur zusammen zahlen und den Rest alleine ausrechnen.
Im Allgemeinen waren die Österreicher, die wir kennenlernen durften, jedoch sehr freundlich und zuvorkommend. Das meiste Andere zur Konferenz ist in endlosen
Twitterströmen bereits durchs Internet geflossen, und soll deswegen von mir hier nicht noch einmal aufgewärmt werden.
Allerdings möchte ich noch anfügen, dass die jeweils knapp zehn Stunden Hin- und Rückfahrt zu den kürzesten Zeitintervallen dieses Ausmaßes gehörten, die ich bisher erleben durfte. Der „intellektuelle“ Austausch mit den Kollegen Alexander und Peter war ein Spaß und ich freue mich schon jetzt auf die Jubiläums-Konferenz im nächsten Jahr in Berlin und schließe mit dem
Hoaxilla-Slogan: Immer schön skeptisch bleiben!
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