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Richtig entscheiden für Ungern-Entscheider

17.10.2011 | 0 Kommentare

Seit Jahren staune ich im Berufsleben darüber, wie schwer sich Menschen mitunter damit tun, Entscheidungen zu fällen. Da wird abgewogen, verschoben, diskutiert, hinterfragt, zurückgestellt, analysiert, vertagt und schließlich bedauert. Die Lösung eines Problems wird so selbst zum Problem, das belastend auf die Psyche wirken kann. Eine Vermeidung von Entscheidungen erscheint Vielen deswegen reizvoll, doch ist sie weder im Privaten noch im Beruf erreichbar noch wünschenswert. Denn wie Albert Camus richtig anmerkte, ist Leben die Summe der gefällten Entscheidungen. Und das ist gut so. Denn nur die selbst-bewußte Entscheidung bleiben wir Herren unseres Schicksal. Doch wie geht das am besten?

Eine gute Basis zum Vorsortieren von Problemen geht auf den ehemaligen General und Präsidenten Dwight D. Eisenhower zurück und wird oft als „Eisenhower-Matrix“ bezeichnet. Dabei wird jede Aufgabe danach beurteilt, ob sie dringend oder nicht und ob sie wichtig oder nicht ist. So entsteht ein Vierfelderschema. Nun werden Aufgaben in folgender Reihenfolge abgearbeitet:

1) Wichtiges und Dringendes

2) Wichtiges und Nicht-Dringendes

3) Unwichtiges und Dringendes

4) Unwichtiges und Nicht-Dringendes

So die Möglichkeit besteht, kann man Aufgaben unter 3) an Andere übergeben und die unter 4) ganz vergessen. Nur Mut!

Den der ist es meist an dem es mangelt. Übervorsichtig werden oft die Alternativen einer Entscheidung lange abgewogen, und auch versucht, mögliche Konsequenzen einer Entscheidung bis ins Detail vorherzusagen und zu analysieren. Dabei kann es zu einem Phänomen kommen, das den Namen eines russischen Schachmeisters trägt.

Alexander Kotow machte bei seinen Schachpartien eine spannende Beobachtung: Spieler tendierten oft dazu lange und sehr gründliche die Vor- und Nachteile eines bestimmten möglichen Zuges abzuwägen bis ihre Zeit knapp wurde. Ein Effekt den der ein oder die andere auch ausserhalb der Schachwelt kennen. Als sie ihre Zeitknappheit schließlich merkten, zogen sie einen anderen, weniger gut durchdachten Zug vor, der sich dann meist als falsch erwies. Dieses Phänomen nennt man das Kotow-Syndrom, das sich auch in politischen Verhandlungen gut beobachten läßt. Wir können dies derzeit schön bei der Klimapolitik sehen.

Es macht also Sinn sich mit solchen Problem zu beschäftigen, die wichtig sind und die Entscheidungen schnell zu fällen. Bei der Beurteilung der Wichtigkeit drohen uns ab und an Emotionen den klaren Blick zu verstellen. Dazu mein Tipp: Stellen Sie sich vor, ein Fremder würde vor Ihre Probleme gestellt und im würden die „kalten Fakten“ Ihrer beruflichen und privaten Situation vorgelegt – was würde dieser Fremdling als „wichtig“ erachten? Und wenn Sie es anders sehen: Haben Sie dafür einen wirklich guten Grund?

Wer zulange zögert, fällt meist die falsche Entscheidung – oder gar keine!  Quelle: stefan2904 / Flickr / CC-BY-SA

Mein Credo lautet deswegen: Problemen werden gelöst, wenn sie da sind. Gerade in Deutschland tendiert man meiner Beobachtung nach dazu, für alle Eventualitäten gewappnet sein zu wollen. Nichts darf dem Zufall überlassen werden, neben Plan A müssen Pläne B bis V (mindestens) existieren.
Diese Versicherungsmentalität mag sinnvoll sein, wenn Sie ein Kernkraftwerk in einem Wohngebiet oder eine Durchquerung der Sahara im Hochsommer planen. Im Allgemeinen führt sie jedoch nur zu zweierlei: Wer die Möglichkeit seines Scheiterns klar vor Augen hat und vielleicht seinen Plan C oder D besser findet als seinen Plan A, der wird nicht alle verfügbare Energie dort hineinstecken, wo Plan A machbar wäre bzw. wird nicht alles tun, um ein Scheitern von Plan A zu verhindern.

Außerdem wird der Zeitaufwand meist unterschätzt, der nötig ist, um die Alternativpläne zu betrachten. So kann es sehr wohl sein, dass im Getümmel des Gefechts, das notwendig wäre, um Plan A gerade eben noch realisieren zu können, schlicht und ergreifend auf einmal die zeitlichen und personellen Ressourcen fehlen, da die Beteiligten ihre Zeit darauf verschwenden, an den Alternativplänen zu arbeiten oder – noch verheerender – diese bereits einzuleiten, ohne, dass der ursprüngliche Plan bereits gescheitert ist.

Wer immer noch unsicher bei der Entscheidungsfällung ist, der sei noch auf das Phänomen der Dissonanzreduktion hingewiesen. Dies ist ein allgemeinpsychologischer Effekt, sprich ein Effekt, der alle Menschen betrifft. Treffen wir eine Wahlentscheidung zwischen zwei oder mehr (scheinbar) gleich guten Alternativen, so finden wir unsere Wahl immer richtiger, je mehr Zeit vergangen ist. So kann ich mir jetzt gar nicht mehr vorstellen, tatsächlich mit einem Ford geliebäugelt zu haben wo ich seit zwei Monaten den neuen Volvo habe. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass ich mich mit meiner getroffenen Entscheidung auf lange Sicht wohl fühle. Wenn nicht: entweder sind Sie depressiv oder haben tatsächlich krass daneben gelegen mit Ihrer Entscheidung.

Aber denken Sie immer daran: eine getroffene Entscheidung ist immer besser als eine immer wieder verzögerte. Sie ist mit größerer Wahrscheinlichkeit richtig und – so sie doch falsch ist – eine wunderbare Möglichkeit zu lernen!

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