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Science Slam in Dortmund

29.01.2011 | 1 Kommentar

Wie ich – überraschend – am Science Slam in Dortmund teilnahm und diesen – noch überraschender – gewann.

Vom Poetry zum Science Slam

Poetry Slams sind keine Neuheit mehr. Dichter (und solche die sich dafür halten) tragen ihre Lyrik in unterhaltsamer Weise dem Publikum vor. Das gibt es bundesweit in vielen Städten. Weniger bekannt sind hingegen noch Science Slams, selbe Idee, nur statt Dichtern haben wir es mit Wissenschaftlern zu tun. Im Ruhrgebiet fand einer der ersten Science Slams im Dezember 2010 in Bochum statt. Kollegen aus der BILD-Ruhrgebiet-Redaktion meinte, ich solle da teil nehmen, das Thema meiner Diss sei doch interessant. Ich beschäftige mich mit Verschwörungstheorien – und ja, die sorgen eigentlich immer für muntere Gespräche, egal wem man davon erzählt. Und doch fühlte ich mich im Dezember (noch) nicht berufen, bei einem Science Slam mitzumachen.

Und schwups!!! war ich angemeldet

So wirklich änderte sich das Januar nicht, aber beim Abarbeiten meiner Unterlagen aus dem Vorjahr fiel mir die Nummer des Organisators in die Hand, eher um mein Gewissen zu beruhigen (ich bin doch kein Angsthase !) rief ich ihn an und war ganz froh dass ich eine Mailbox dran hatte. Irgendwas nuschelte ich da drauf und dachte mir: „Thema durch! Du hast es versucht. Soll wohl nicht sein.“ Von wegen: keine vier Stunden später der Rückruf. Ein nettes Telefonat und Sveda (Sven-Daniel Gettys, der Organisator) rang mir das Versprechen ab, dass ich mir das Ganze überlege und nach Ablauf einer Woche entscheide, ob ich mitmache. Einen Rückzieher wollte ich dann auch nicht mehr machen und so sagte ich zu, in der festen Überzeugung, dass das halb so wild würde. Danach (warum auch immer erst „danach“) guckte ich mir Videos von Slams auf youtube an – ein flaues Gefühl im Magen wich seitdem nicht mehr von meiner Seite. So kannte ich mich gar nicht: ich wurde von Tag zu Tag nervöser, da half auch netter Zuspruch meiner Frau und ein Vorabgespräch mit Sveda wenig.

Die Vorbereitung – der Aluhut

Zehn Minuten hat jeder Slamer, um vorzutragen. Das Ganze soll amüsant und informativ sein. Für mich war schnell klar, dass ich viel mit Fotos arbeiten wollte. Insgesamt 17 Folien hatte ich in meinen letztendlichen Vortrag. Bei Heimpremieren waren es zuerst 13 Folien, 7 Minuten. Zu wenig. Dann wurden es 15 Folien, immer noch 7 Minuten. Argh. Schließlich 17 Folien, 7 Minuten und 30 Sekunden. Ja, toll. Dann würde ich halt der Typ mit dem kürzesten Vortrag sein. Es kommt ja nicht auf die Länge an. Kurz vorm Dschungelcamp machte ich für meine Frau Katja und eine gute Freundin einen Probevortrag, bei dem Katja meinte: „Dir fehlt nur noch so’n Alufolienhut!“ Gelächter. Aluhut, wie lächerlich. Obwohl. Und ich sag: „Das mach ich!“ Meine Frau ist kurz irritiert, dann fragt sie sich ob ich das ernst meine, bis sie schließlich erkennen muss, dass das wieder so’n Ding ist, das ich für eine Superidee halte – auch wenn ich mich damit komplett zum Affen machen kann. Wie Shakespeare schont sagte: Hohle Töpfe haben den lautesten Klang!

Vorm Auftritt – nervöse Beobachtungen

Und, zack, ist der Abend des Slams da. Verdammt, ist der Raum groß. 500 Personen werden hier sitzen und stehen. Alle wirken hier unglaublich entspannt, professionell und wissenschaftlich. Ich irgendwie nicht. Ich komme mir da eher verloren vor. Zwei der vier Slammer haben schon einmal geslammt und alle, ausser mir, haben schon ihren „Doktor“. Wie ein ADHS-Kind renne ich durch die Gegend, plaudere hier drei Wörte, trinke dort zwei Bier. Das führt dann dazu, dass ich vor meinem Vortrag massiv auf Toilette muss und mich frage, wie ich eine Pinkeln auf der Bühne in den Vortrag einbinden könnte (ich lass es im Übrigen dann doch). Ausserdem hab ich Sodbrennen. Gott sei Dank habe ich Omeprazol dabei, allerdings im Rucksack hinten im Backstagebereich. Es muss also so gehen. Till (der Moderator) kündigt mich an. Dr. Melanie Diermann (sympathische Mitslammerin) wünscht mir viel Erfolg und ich stehe im Scheinwerferlicht vor über 500 Menschen.

Der Vortrag – und danach

Was soll ich sagen? Es war geil. Ab dem Moment an dem die erste Folie startete. Ein so wundervolles Publikum. Locker. Gut gelaunt. Bereit, jeden Spaß mit zumachen. Es macht mir das Ganze so leicht. Ich jogge von links nach rechts, rede mit den Leutchen, fuchtel mit meinen Armen herum und setzte – schließlich – den Aluhut auf. So ein Publikum gibt es wohl echt nur im Ruhrpott. Lacher an Stellen, wo ich keiner erwartet habe, pushen mich dazu, immer noch ein bißchen mehr zu wagen. Ein kleiner Kalauer hier, eine flapsige Überleitung da. Noch nie habe ich so viele positiv eingestellte Menschen auf einem Haufen erlebt. Der Applaus am Ende geht runter wie Öl und ich habe das Gefühl wieder zu landen und bin – plötzlich – wieder nervös. Nett ist dann backstage das Interview mit Julia für CenterTV. Es war Julias erstes Mal, alleine für Ton und Bild verantwortlich; ich find, du hast das gut gemacht (nicht stressen lassen)! Und dann ist der Slam irgendwie auch schon fast vorbei. Das Publikum jubelt bei mir und ich bin ganz verlegen. Die Leutchen hätten doch den Preis verdient, weil sie so bereitwillig mein Spielchen mitgemacht haben. Es gibt Boxerhandschuhe. Und einen Büchergutschein. Und Wein. Und Gutscheine für alles Mögliche in Münster von Luups. Ich bin überwältigt. Damit hätte ich echt nicht gerechnet. Beim Runtergehen noch ein Interview für die Westfälische Rundschau – ich fühl mich richtig gut. Netterweise wartet eine Freundin noch nach dem Slam. Ein paar Worte gewechselt. Und dann nach Hause zu meiner Frau und nochmal alles erzählt. Ich kann das alles kaum glauben!

Nachträge

Wie es sich gehört, poste ich am nächsten Tag alles Mögliche bei Facebook, verbrüdere mich mit Mitslammern bei Xing und lese Artikel zu dem Ganzen auf der Seite der TU Dortmund, bei den Ruhrnachrichten, der Westfälischen Rundschau in der Recklinghäuser Zeitung, bei 2010lab und warte auf die uploads auf youtube. Toll war’s! Und danke an alle, die da waren und auch an die, die meine Nervosität im Vorfeld ertragen haben. Science slam rockt!

1 Kommentar

  1. Schöner Blogeintrag zum Science Slam!
    Hätte dir gerne am Donnerstag direkt persönlich gratuliert aber du warst so schnell im Backstage Bereich!
    Habe mich super müsiert und du wirktest so gar nicht nervös, total souverän, wie ein alter Hase.
    Dachte nur. Klar, dem macht sowas gar nichts, ist er voll der Typ für!
    So täuscht man sich manchmal.
    Macht dich ein wenig menschlicher 😉

    Bis zum nächsten Stammtisch vielleicht?!
    Liebe Grüße

    Katrin