Diese Woche gibt es einen 29. Februar. Soweit nichts Besonderes. Ein Schalttag, der alle vier Jahre notwendig ist, um eine kleine Ungenauigkeit unseres Kalenders auszugleichen. Doch die Diskordianer feiern hier ihren St. Tib’s Tag. Die wer feiern hier ihren was?
Genau das beantwortete mir ein aktiver Diskordianer: Papst Nebukadnezar I. Und enthüllt auch noch exklusiv in Bartos Blog, was der Fehler der Maya ist!
Wie spreche ich Sie zunächst einmal korrekt an? Heiligkeit? Herr Papst?
Sag einfach „Nebu“ zu mir, aber wenn es Dir leichter fällt, kannst Du gerne auch „Herr Nebukadnezar“, „eure Weisheit“ oder „Erleuchteter“ zu mir sagen.
Also, dann „Nebu“, fangen wir vorne an: was ist Diskordianismus und woher könnte man ihn kennen?
Am wahrscheinlichsten durch Robert Anton Wilsons „Illuminatus!“-Trilogie und natürlich durch das Standardwerk „Principia Discordia“ von Gregory Hill und Kerry Thornley.
Diskordianismus ist wohl die älteste bis heute überdauernde, Weltreligion oder Philosophie. Im Mittelpunkt steht die griechische Göttin Eris, auch in ihrer römischen Form Diskordia, die Göttin der Zwietracht und des Chaos, die von vielen Kulturen als „Große Mutter“ verehrt wurde.
Vielleicht kennt der ein oder andere auch die erste überlieferte Erwähnung Unserer Dame der Zwietracht: Die Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite waren mit den übrigen Göttern zu einer Hochzeit eingeladen. Eris war als einzige Göttin nicht eingeladen. Ein Affront des Establishments. Sie warf daraufhin einen goldenen Apfel mit der Inschrift Kallisti („Für die Schönste“) in die Runde und löste damit einen Streit zwischen aus, weil jede der Göttinnen den Apfel für sich beanspruchte. Das führte dann zum Trojanischen Krieg. Obwohl der Diskordianische Kalender erst im Jahr 1166 v. Chr. beginnt, spricht vieles dafür, dass diese Episode 23. Mai 1202 v. Chr. stattfand, was auch zur historischen Rekonstruktion des Kriegsbeginns passen würde.
Nach Meinung einiger ist Diskordianismus auch ein komplizierter Witz als Religion getarnt, was ich aber anders herum sehe.
Gibt es einen zentralen Glaubenssatz?
Es gibt das Gesetz der Fünf: Alle Dinge passieren in Fünfen, oder sind teilbar durch oder Vielfache von Fünf, oder sonstwie direkt oder indirekt passend zur fünf.
Und dann haben wir unsere fünf Gebote, das Pentabarf, das dem Propheten Zarathud in goldenem Stein gemeißelt offenbart wurde. Dessen erstes und fünftes Gebot sind für mich zentral. Das erste Gebot lautet: „Es gibt keine Göttin außer der Göttin und sie ist deine Göttin. Es gibt keine Erisische Bewegung außer der Erisischen Bewegung und es ist die Erisische Bewegung. Und jeder goldene Apfel ist das geliebte Heim eines Goldenen Wurmes.“
…und das fünfte Gebot?
„Einem Diskordier ist es verboten, zu glauben, was er liest.“ (schmunzelt)
Wie wird man eigentlich
Diskordianischer Papst? Gibt es da eine Wahl oder ähnliches?
Wahlen sind mir, wie vielen meiner Schwestern und Brüder suspekt. Denn bei einer Wahl müssen sich immer einige unter das Joch anderer beugen, kein sehr freiheitliches Gefühl. Deswegen kann sich auch jeder selbst zu einem Diskordianischen Papst erklären. Also nicht jeder, aber jeder, der nicht unter der Autorität von Autoritäten steht.
Die genaueren Befugnisse eines Papstes können bei mir erfragt und
per Email bezogen werden.
Und nun noch der St. Tib’s Tag – was darf ich mir darunter vorstellen?
Nun, wir Diskordianier nutzen für Heilige Zwecke einen Diskordianischen Kalender. Man kennt das ja von den Maya, die unser Mehr-Kalender-System plagiiert haben. Man sieht das daran, dass aus mangelndem Verständnis einige am 21.12.2012 den Weltuntergang vermuten. In Wirklichkeit ist der 20.12.2012, Quersumme 2+0+1+2 = 5 und das zweimal, der entscheidende Tag. Zu Ehren Unserer Dame des Discord sollte an diesem Tag gefeiert und getrunken werden, daher auch das Sprichwort: „Fünf gerade sein lassen!“ Natürlich hat ein guter Diskordianier deswegen am folgenden Tag einen unglaublichen Drohnschädel, was die Maya aber irgendwie völlig falsch verstanden haben.
Auch ist dem Leser schon aufgefallen, dass der normale Kalender 5 Arbeitstage, sowie 2 hoch 3 Wochenendtage im Monat hat. Ein Geschenk des Diskordianismus an die Nicht-Illuminierten. Unser eigener Kalender folgt aber noch stärker dem Prinzip der Fünf als die Adaptationen durch die nachfolgenden Kulturen und da gibt es dann einmal alle vier Jahre, denn 1 + 4 = 5, einen besonderen Tag, den St. Tib’s Tag.
Seine Ursprünge liegen im Dunkeln. Uns ist nur die geheimnisvolle Überlieferung geblieben, nach der St. Tib’s kein Kohl, kein Langweiler oder Geld gewesen sein soll. In der Tat seltsam, oder? Idealerweise wird der Tag dadurch gefeiert, dass man behauptet man habe Geburtstag. Dann solle man so handeln, als wenn die Anzahl der Schaltjahre seit der eigenen Geburt das Alter bestimmten. Dies soll uns helfen, die Relativität der Altersangabe und der daran gebundenen Erwartungen und Verhaltensweisen zu verstehen.
Ich habe gehört, du schreibst an einem Buch?
Ja, es soll zeigen, wie wir heutzutage Diskordianismus verstehen. Die Principia ist ja nun auch schon fast 50 Jahre alt. Eine gute Zeit für ein neues Manifest. Und es gibt ja viele neue Spin-Offs des Diskordianismus, wie Anonymous (the FIFTH of Novembre) oder Guerilla-Gardening (Apfel pflanzen). Wer Lust hat mit Schriften oder Grafiken daran mitzuwirken,
möge sich einfach melden!
Vielen Dank für das Interview.
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